9. Oktober 2007
>> Schenefelder Tageblatt <<
„Spießer und Schäuble im Visier"
SCHENEFELD: Alt-Spötter Hans Scheibner begeisterte seine Fangemeinde im ausverkauften JUKS
Die lieben Nachbarn, frische Ideen zur Gesundheitsreform oder die gute alte "Tante SPD": Stets lavierte Kabarettist Hans Scheibner haarscharf an der Grenze des guten Geschmacks. Und traf damit genau den Nerv seiner Fans. VON EIKE PAWELKO
Hans Scheibner ist Kult. Jedenfalls in Schenefeld und zumindestens bei den Kabarettfans der Generation 50 plus. Das beweist die schlichte Tatsache, dass das ergraute Schlitzohr selbst an einem unter Veranstaltern als schwierig geltenden Sonntagabend das Juks mit rund 180 Gästen restlos füllte.
Mit erhobenen Zeigefinger mahnt Kabarettist Hans Scheibner Missstände an. Fotos(2): Pawelko
Wer ein Ticket für Scheibner löst, weiß was ihn erwartet. Der Kabarettist singt in Robin-Hood-Manier das Hohelied der traditionellen Linken. Pointiert ätzt er gegen ordnungswütige Spießer und peinliche Rechtsausleger wie Ex-Moderatorin Eva Herman. Er brandmarkt Schäubles Anti-Terror-Methoden (Geruchsproben, Online-Durchsuchungen) als überzogen. Dass die katholischen Würdenträger von Mixa und Meisner bis zum Papst ihr Fett wegkriegen - ein Selbstgänger. Was die so genannten „kleinen Leute" quält: Scheibner hat es im Visier. Von den sozialen Härten der Gesundheitsreform bis zum hässlichen Gesicht des Ultra-Kapitalismus ála Ackermann und Konsorten ist nichts vor seiner spitzen Feder sicher.
Die Stärke seines Programms „Neues aus Absurdistan" lag allerdings nicht im politischen Witz. Da blieb er eher blass. Eine nicht allzu bissige Anmerkung zum Klimaretter-Image der Kanzlerin - das war's in Sachen Merkel. Der (enttäuschte?) Altlinke wütete im eigenen Nest deutlich heftiger, karikierte die „alte Tante SPD" als verwirrten, steuerlosen „Pflegefall", geißelte ihre „Neffen" Franz und Kurt als „demenzkrank". Skurrile Einfälle wie die Sache mit dem Handel mit Gebrauchtgebissen litten darunter, bereits etwas angestaubt zu sein.
180 Fans waren vom Spott á la Scheibner begeistert
Fotos(2): Pawelko
Witzig war das Ganze trotzdem - allein schon durch die Bühnenpräsenz des begnadeten Schauspielers Scheibner: Im Duktus vertraulicher Nachbarschaftsplauderei, die Augenbrauen hochgezogen, den Schalk im verschwitzten Nacken verlieh er seinen Pointen Rasanz und Pfeffer. Lautmalerisches Glanzstück: Die akustisch extrem anschauliche Darstellung eines Nachmittags bei „Freund Heinze" in der ach so friedlichen Schrebergarten-Idylle: Vertikutierer, Häcksler, Rasenmäher - und dazwischen bemühte Gesprächsfetzen.
Das versierte Lästermaul glänzte durch exakte Beobachtung und sauber gezeichnete Darstellung seiner Mitmenschen, etwa in der Brötchenschlange beim Bäcker. Oder im liebevollen Verhältnis seiner Geschlechtsgenossen zum Navigationssystem. Sehr gelungen war auch die so dreiste wie erfrischende Idee, sich der überraschten Nachbarin als Nachwuchsproduzent anzubieten - als muntere Alternative zum ständig arbeitenden Gatten und selbstredend nur zum Besten der überalternden Republik.
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