Montag, 3. Juni 2002
>> Schenefelder Tageblatt <<
Anti-Terroreinsatz satirisch zerpflückt
Kabarett" ROhrSTOCK" mit deftigem Programm
im JUKS Bissig und schonungslos griff die Rostocker
Studententruppe aktuelle Themen auf und stellte das Geschehen
amüsant auf den Kopf. Von Carsten
Vitt
Schenefeld. Kabarett darf nicht kuschelig
und anbiedernd sein, Kabarett muss irritieren, an Grenzen
rütteln und sie überschreiten.
Diesem ungeschriebenen Credo des satirischen Bühnengenres
hängen offensichtlich auch die Mitglieder der Kabarettgruppe
" ROhrSTOCK" an, die vor etwa fünfzig Zuschauern
im JUKS in Schenefeld ein abwechslungsreiches Programm
voller hintergründiger, deftiger und entlarvender
Anspielungen boten.
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Wie ein roter Faden zog sich das Tagesgeschehen in Politik
und Gesellschaft durch die Szenen des Auftritts. Vorherrschend
war da selbstverständlich der so genannte Anti-Terror-Kampf,
den die fünf Studenten als Stichwort nahmen, um abstruseste
Situationen auf die Bühne zu bringen. Zum Beispiel
wurden Mitglieder der Truppe - in militärischer Kluft
wild mit Waffen herumfuchtelnd - als "Geheimstagenten"
vorgestellt, die die "fiesen Demokratiefeinde"
jagen. Das Publikum sollte da mithelfen und wurde vom
Agentenchef über die "drei Bs zur Enttarnung
von Terroristen belehrt: "Beobachten, beweisen, breithauen!".
An brachialem Humor mangelte es an diesem Abend nicht.
Viele kleine Kalauer und Pointen spickten den Auftritt
der Rostocker Truppe: Zum Beispiel fiktive Nachrichten,
in denen aktuelles Geschehen mitunter kräftig durch
den Wolf gedreht wurde.
Kostprobe: "US-Präsident George W. Bush wurde
für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Der Texaner
reagierte auf diese Provokation, indem er Schweden zum
Schurkenstatt erklärte." Oder: "Die CDU/CSU
will sich am Anti-Terrorkampf beteiligen. Kanzlerkandidat
Edmund Stoiber drohte an, Frau Angela Merkel zu Osama
bin Laden zu schicken."
Aber auch hintergründige Sentenzen waren zu hören.
So wurde die "Bodygardisierung" als ABM-Methode
zum Mittel für Vollbeschäftigung ausgerufen
und das" Gequatsche um die Sicherheit als ganz großer
Blödsinn" bezeichnet. Diese Sicht steckte auch
im Titel des Programms - "Die Rache der Besonnenheit".
Außer dem starken Gewicht auf politische Themen,
die auf amüsante und anregende Weise satirisch verarbeitet
wurden, hatte auch das Studentenleben einen bedeutenden
Anteil an den Szenen.
Vom Lamento über die schlechte Lage der Nachwuchsakademiker
bis hin zu militanten Aktionen und den anrüchigen
Nebenbeschäftigungen von Studentinnen im Sex-Chatroorn
wurde auch hier kräftig in die Klamaukkiste gegriffen.
Mit lang anhaltendem Applaus belohnten
die Besucher im JUKS den Auftritt der Satiretruppe.
Fotos (2). Vitt |
Insgesamt überzeugte das Ensemble mit seiner rasanten
Art, skurrile Szenen zu spielen, den geschickten, mit
Musik untermalten Übergängen und vorgetragenen
Liedern, die vor bissigen Zeilen nur so trieften. Diese
Mischung aus Klamauk, Satire und Theater kam nach Startschwierigkeiten
auch durchweg gut beim Publikum an. "Ich hatte mir
das anders vorgestellt. Es ist eine ungewohnte Spielart,
aber gut, amüsant und sehr hintersinnig", fand
zum Beispiel Helga Stiemert. Ähnlich urteilte Christa
Lammers: "Anfangs war es gewöhnungsbedürftig,
ich hatte mehr klassisches politisches Kabarett erwartet".
Aber die Akteure hätten sich gut eingespielt und
wurden immer besser, lobte die Pinnebergerin. " Im
Ganzen ist alles gut auf den Punkt getroffen", sagte
Andre Wehner aus Schenefeld kurz und knapp.
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